Selbstkompetenz ist eine wichtige Grundlage für Vertrauen in die eigene Person, in die eigene Wirksamkeit und die eigenen Fähigkeiten. Wissen darüber ist wichtig und diese Kompetenzen sind notwendig als Fundament für unsere Zukunft.
Die neue Trendstudie “Jugend in Deutschland 2024” ist da – mit erschreckenden Ergebnissen. “Die junge Generation ist so pessimistisch wie noch nie”, heißt es in der Pressemitteilung. Diese Aussage betrifft die Gruppe der 14-29-Jährigen. Lässt sich aber problemlos auf andere Altersgruppen übertragen.
Als ein Grund wird die “(…) tiefsitzende mentale Verunsicherung mit Verlust des Vertrauens in die Beeinflussbarkeit der persönlichen und gesellschaftlichen Lebensbedingungen” angeführt.[1]
Das ist ein ganz wichtiger Satz. Die junge Generation hat kein Vertrauen in sich selbst, in die eigene Selbstwirksamkeit, gleichzeitig aber das Bewusstsein, dass sie künftig für den Wohlstand im Land verantwortlich ist. Das macht Stress, Unsicherheit und ein Ohnmachtsgefühl kommen hinzu.
Es gilt also die Grundlage im Mindset zu verankern, etwas bewirken zu können. Selbstwirksamkeit ist hierfür ein Schlüsselbegriff, der aus Resilienztrainings bekannt ist, aber auch im Kontext der Kompetenzentwicklung eine zentrale Rolle spielt. Genauso, wie auch emotionale und soziale Komponenten.
Damit junge Menschen schon früh lernen mit mentalen Belastungen umzugehen, ist es notwendig ihnen die passenden Kompetenzen aus den Bereichen emotionale und soziale Kompetenz, wie auch Selbstkompetenz mitzugeben. Optimal wäre es natürlich, wenn mentale Belastungen erst gar nicht aufkommen würden, aber darauf haben wir im gesellschaftlichen Kontext leider wenig Einfluss. Kriege, Inflation oder andere Wirtschaftskrisen werden uns leider immer weiter begleiten. Daher ist Kompetenztraining für mentale Gesundheit ein zentraler Punkt für junge Menschen, aber grundsätzlich auch alle anderen Altersklassen.
Selbstkompetenz als Basis für mentale Gesundheit und einen selbstsichereren Blick in die Zukunft.
Kompetenz ist die Fähigkeit, Wissen, Fähigkeiten und Erfahrungen effektiv anzuwenden, um bestimmte Aufgaben oder Probleme erfolgreich zu lösen oder Ziele zu erreichen. Es kann sich auf Fachkenntnisse in einem bestimmten Bereich, soziale Fähigkeiten oder praktische Fertigkeiten beziehen.
Kompetenzen entstehen durch das Begreifen und Erfahren von Dingen, die häufig nur theoretisch vermittelt werden. Durch praktisches Handeln wird die Theorie erlebbar gemacht und kann so ganz anders verarbeitet werden. Am Ende steht neben dem Erlernen auch die Selbstwirksamkeit.
Diese Selbstwirksamkeit löst einen Aha-Moment aus: Ich nehme etwas in die Hand und bewirke etwas, bewege etwas. Das ist der erste Schritt aus dem Ohnmachtsgefühl: „Ich kann doch eh nichts machen. Was soll ICH denn verändern?“ heraus.
Selbstwirksamkeit erfahren und dazu das Wissen um, bzw. Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse – mit dieser Kombination ist es möglich, etwas zu verändern – ganz persönlich, im direkten Umfeld und auch im Großen.
Diese Kombination aus Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeit bezeichne ich als Selbstkompetenz.
Bausteine für Selbstkompetenzentwicklung
Auf dem Weg zur Stärkung der Selbstkompetenz gibt es viele verschiedene Bausteine, die individuell zusammengesetzt werden können. Selbstkompetenzentwicklung ist ein Prozess, bei dem man sich selbst besser kennenlernt, seine Fähigkeiten, Stärken und Schwächen einschätzt und gezielt daran arbeitet, um persönliches Wachstum zu erreichen. Dazu ist es wichtig, sich seiner eigenen Ziele und Werte bewusst zu sein und die eigenen Ressourcen so zu nutzen, dass man diese Ziele erreichen kann.
Die Basis für Selbstkompetenzentwicklung umfasst die Fähigkeit, mit Emotionen umzugehen, sich selbst zu regulieren und ein positives Selbstbild zu pflegen. Dabei geht es darum, sich selbst zu akzeptieren, Fehler und Niederlagen einzugestehen und daraus zu lernen. Daher ist Selbstreflektion eine der wichtigsten Fähigkeiten in diesem Baustein.
Selbstreflektion, beispielsweise in Form von Tagebüchern, Feedback von anderen, Meditation oder Coaching. Durch die Reflektion kann man Verhaltensmuster erkennen und gezielt an diesen arbeiten, um sie zu optimieren.
Insgesamt ist die Selbstkompetenzentwicklung ein individueller Prozess, der Zeit und Arbeit erfordert, aber Potenzial für persönliches Wachstum und eine verbesserte Lebensqualität bietet.
Voraussetzungen für Selbstkompetenzentwicklung
Und an dieser Stelle ist auch schon die Crux, wenn es um Selbstkompetenzentwicklung geht. Es muss eine generelle Bereitschaft für Veränderung und Selbstreflektion vorhanden sein. Zumindest bei Jugendlichen, jungen Erwachsenen und Erwachsenen selbst ist dies das A und O. Eltern meinen es oft gut mit ihren Teenagern und schicken sie in Kurse oder zu Beratungen, die am Ende floppen, einfach weil keine oder wenig Bereitschaft zur Mitarbeit vorhanden ist.
Einfacher wäre es, wenn Kinder bereits ab dem Kindergartenalter, aber spätestens ab dem Grundschulalter, die Basiselemente von Selbstkompetenz mitgegeben bekommen würden. Und da spreche ich von der Basis, der emotionalen Kompetenz.
Das Kennenlernen der eigenen Emotionen, der Umgang mit meinen eigenen Emotionen und dann auch das Verstehen von Emotionen bei anderen Menschen.
Die Rolle der Erwachsenen
Jetzt wird in manchen Kitas und auch Grundschulen das Thema Emotionen angesprochen und auch versucht, zu vermitteln. Ein individueller Umgang ist hier gar nicht möglich. Daher ist es auch notwendig, dass Eltern bzw. Erziehungssorgeberechtigte an dieser Stelle auch ihren Beitrag leisten. Das ist häufig ein anstrengender Weg, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen, aber langfristig lohnt es sich. Ab dem Teenageralter haben Kinder, die sich ihrer Emotionen bewusst sind, einen klaren Vorteil.
Viele Erwachsene haben jedoch selbst wenig emotionale Kompetenz und können sie den Kindern gar nicht vermitteln, da sie schon selbst den Umgang nie gelernt haben. Damit bleiben dann doch wieder nur die Bildungseinrichtungen, in denen hoffentlich geschulte Mitarbeiter sind, die sich die Zeit nehmen, mit den Kindern an deren persönlicher Entwicklung zu arbeiten.
Das klingt jetzt alles sehr düster, wenn man in die Zukunft schaut. Aber es gibt auch Entwicklungen, die uns und auch die junge Generation wieder optimistischer werden lassen können.
4K-Modell der Zukunftskompetenzen
Kompetenzentwicklung bekommt einen immer höheren Stellenwert in der Bildung. Die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) hat vier Zukunftskompetenzen definiert, die für Lernende im 21. Jahrhundert von besonderer Bedeutung sein werden. Andreas Schleicher von der OECD betonte dies bereits 2013.[2] Diese vier Zukunftskompetenzen sind gemäß dem 4K-Modell: Kreativität, Kollaboration, kritisches Denken und Kommunikation.
Diese vier Zukunftskompetenzen, spielen auch für die Selbstkompetenzentwicklung eine zentrale Rolle.
Die bereits beschriebene emotionale Kompetenz ist die Grundlage für alles. Der Umgang mit Emotionen und Gefühlen spielt sowohl im Bereich der Kollaboration wie der Kommunikation eine zentrale Rolle, um zielführend arbeiten zu können. Bin ich als Teammitglied sehr Emotionsgesteuert, ohne die regulieren zu können, ist eine faktenbasierte Zusammenarbeit schwer möglich. Auch Gespräche laufen weniger zielführend, wenn sie emotionsgeladen sind. Kritisches Denken ist dann nicht mehr rational möglich. Kreativität kann hingegen von starken Emotionen beflügelt werden, aber auch das muss man zu nutzen wissen. Der Umgang mit unseren Emotionen und die Fähigkeit zur Selbstreflektion sind demnach für den Erwerb der Zukunftskompetenzen unerlässlich.
Soziale Kompetenz
Im nächsten Schritt auf dem Weg zur Selbstkompetenz steht der Baustein der sozialen Kompetenz.
Unter sozialer Kompetenz werden verschiedene Aspekte zusammengefasst. Die Kommunikation spielt dabei einen ganz großen Faktor, denn das miteinander Reden bzw. Interagieren ist das A und O für jede zwischenmenschliche Aktion und Reaktion. Kommunikation dient dem Austausch von Möglichkeiten und erlaubt dadurch einen Perspektivwechsel. Perspektivwechsel sind unabdingbar, für das Verständnis untereinander, Empathie und auch Teambildungsprozesse.
Das alles führt letztendlich zur Selbstkompetenz und das damit einhergehende Vertrauen in die eigene Person, in die eigene Wirksamkeit und die eigenen Fähigkeiten. Das setzt neues Potential frei und macht uns gedanklich flexibler, kreativer. Diese Kreativität ermöglicht es uns nämlich andere Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, Unbekanntes auszuprobieren, Grenzen aufzubrechen und Dinge einfach mal passieren zu lassen.
Kreativität ist der Schlüssel zu problemlösendem Denken, für Innovation, Entwicklung und Verwirklichung von Möglichkeiten. Kreativität ist die Möglichkeit, den Pessimismus in Optimismus umzuwandeln und aus einem dunklen Blick auf die Zukunft der jungen Menschen einen Lichtblick zu machen.
Fazit
Deshalb brauchen wir alle Selbstkompetenz, um Chancen und Möglichkeiten wieder zu sehen, auch wenn sie im ersten Moment hinter einer dicken Mauer aus Pessimismus, Negativität und Ohnmacht versteckt sind. Es gibt immer einen Weg da durch! Und genau dieses Wissen, dieses Vertrauen, ist ein wichtiger Bestandteil für mentale Gesundheit. Wir sollten also schnell anfangen, Bildung und Erziehung zu überdenken, um unseren Kindern und der jungen Generation den bestmöglichen Start in eine mental starke Zukunft zu ermöglichen.
Die Autorin
Katharina Rüd ist Trainerin, Draußenfan, Kommunikationsfreak, Mama und vieles mehr… Seit 2021 ist sie hauptberuflich mit NatürlichStark unterwegs und bietet Trainings zu Selbstkompetenzentwicklung für Kinder und Erwachsene.
Sie sagt über sich selbst: „Ich möchte auf kommunikativem und kreativem Weg, das Leben für Kinder und Erwachsene leichter machen. Ich möchte beim Finden von Lösungen unterstützen und Möglichkeiten aufzeigen.“
Mehr zu Katharina findest du unter https://www.natuerlichstark.com
[1] jugend-in.de
[2] The case for 21st-century learning, auf oecd.org